SK 2/2
Nachdem in unserer Küche seit längerer Zeit ein weißer SK 2 seinen Dienst verrichtetet, sollte er durch das Nachfolgemodell SK 2/2 in Graphit ersetzt werden.
Da bei diesen kleinen Radios in letzter Zeit ein enormer Preisanstieg zu verzeichnen war, dauerte es eine ganze Weile, bis ich ein Gerät zu einem akzeptablen Preis bekommen konnte.
Die Suche auf irgendwelchen Flohmärkten kann man sich nach meiner Erfahrung inzwischen sparen, denn dort tauchen die SKs in den letzten Jahren eigentlich gar nicht mehr auf.
Wirkliche Schnäppchen wird man hier also nicht mehr machen können.
Schließlich fand ich dann einen SK 2/2 bei ebay.
Das Radio wurde als funktionstüchtig und aus einem Raucherhaushalt beschrieben.
Ersteres erwies sich als bedingt richtig, letzteres äußerte sich in einem durchgängigen Belag aus Nikotin und Staub.
Als ich das Radio das erste mal in Betrieb nahm, konnte man auf UKW zwei starke Ortssender in sehr mäßiger Lautstärke empfangen.
Auf MW war bei einer Einstellung zu ahnen, dass es dort wohl einen Sender geben muss.
Außerdem war ein deutlicher Netzbrumm zu vernehmen.
Na ja, das Radio hatte nicht viel gekostet, war über fünfzig Jahre alt und außerdem sollte es ja auch ein Restaurierungs-Projekt werden.
Also erst einmal die Rückwand abgeschraubt, der leider eine Ecke fehlte.
Hier zeigte sich dann, dass eines der Gewinde, in das die Rückwandschrauben gedreht werden, ausgebrochen war. Dummerweise auch noch eines der unteren, an denen gleichzeitig das Chassis befestigt ist.
Das Chassis selbst war extrem verdreckt, weswegen ich erst einmal mit der Reinigung begann.
Ein schmaler Lackpinsel und der Staubsauger leisteten hier gute Dienste.
Jetzt konnte es an die Fehlersuche gehen.
Rein optisch fiel direkt auf, dass die verbauten Teer-Kondensatoren begannen zu zerbröseln.
Auch der 2x2,5 nF Scheibenkondensator im UKW-Teil schien seine besten Tage bereits hinter sich zu haben.
Ansonsten bewegte sich der Drehkondensator etwas hakelig.
Hier setzte ich als erstes an. Mit sehr wenig "TUNER 600" von Kontakt Chemie wurde das verdreckte Fett aus dem vorderen Kugellager des Drehkondensators ausgespült und das Lager im Anschluss mit Vaseline neu gefettet.
Nachdem dann die Schraube am hinteren Ende des Drehkos ein wenig nachjustiert war, lief er wieder schön geschmeidig.
Als nächstes ging es an die Überprüfung der Betriebsspannungen.
Hier zeigte sich direkt, dass etwas nicht stimmt.
Hinter dem Gleichrichter (E250C85) lagen statt der im Schaltplan verzeichneten 175V lediglich 125V an. Gleichzeitig erwärmte sich der Gleichrichter schon nach kurzer Betriebszeit so stark, dass man ihn kaum noch anfassen konnte.
Ein typischer Fall von erhöhtem Innenwiderstand, wie er bei Selen-Gleichrichtern oft vorkommt.
Probeweise ersetzte ich den Gleichrichter durch eine Silizium Diode, was erwartungsgemäß zu einer deutlich zu hohen Betriebsspannung führte. In Verbindung mit einem 100Ω/10W Widerstand in Reihe stellt sich dann eine Spannung von ca. 168V ein. Hinter dem 1KΩ Widerstand W24 waren es ca. 145V, was hinreichend genau der Angabe von 150V im Schaltplan entspricht.
Um die Änderungen vernünftig im Chassis unterzubringen, habe ich zunächst die Nieten des Selen-Gleichrichters ausgebohrt und dann eine Lötösenleiste an dieser Stelle vernietet. Hier konnten dann die Diode und der Widerstand komfortabel untergebracht werden.
Wie auf dem Bild ansatzweise zu erkennen ist, handelt es sich um eine recht große Diode (BYS-550-400), die an dieser Stelle natürlich vollkommen überdimensioniert ist. Es war aber die einzige Diode mit ausreichender Spannungsfestigkeit, die ich zur Hand hatte.
Der Widerstand sitzt zur besseren Wärmeableitung auf dem Chassis-Blech.
Als Resultat dieser Maßnahme war der Netzbrumm deutlich reduziert.
Der Austausch des 2x50µF Netzteilelkos brachte ihn dann fast völlig zum Verschwinden. Entsprechenden Ersatz bekommt man bei Jan Wüsten.
Nun konnte es an das Ersetzen der Teer-Kondensatoren gehen.
Da beim Schaltungsaufbau heute fast keine Kondensatoren mit axialer Bauform mehr Verwendung finden, ist die Beschaffung von Ersatz nicht an jeder Ecke möglich. Ich habe, wie schon bei der Restaurierung des CSV 13, auf die „MKT 1813" von Vishay Roederstein zurück gegriffen. Bei Farnell, bzw. für nicht gewerbliche Kunden über Heinz Büchner Elektronik in Berlin bekommt man sie.
Auch der oben schon gezeigte 2x2,5 nF Scheibenkondensator im UKW-Teil wurde vorsorglich ersetzt.
Da es diese Bauform heute nicht mehr gibt, wurde auf zwei einzelne Keramikkondensatoren zurückgegriffen.
Wie schon erwähnt, war das Gehäuse mit einer durchgängigen Schicht aus dem Dreck der letzten Jahrzehnte, vermischt mit einer ordentlichen Portion Nikotin überzogen.
Nachdem das Frontgitter demontiert war, stand also zunächst mal eine gründliche Reinigung an, um dann den alten Lack runter zu schleifen.
Dachte ich...
Zu meiner Überraschung löste sich der Lack aber schon bei der Behandlung mit Seifenwasser und einer Bürste vollständig vom Gehäuse ab!
Damit gestaltete sich die Vorbehandlung für die neue Lackierung deutlich einfacher als vermutet und es war lediglich ein leichtes Anschleifen erforderlich.
Jetzt wurde das Loch der ausgebrochen Gewindebuchse mit einem 3,5mm Bohrer um ca. 10mm vertieft und dann das M4 Gewinde entsprechend tiefer geschnitten.
Als nächstes wurde der ausgebrochene Bereich mit der Trennscheibe so weit ausgeschnitten, dass hier ein 20mm langer M4 Abstandsbolzen eingeschraubt werden konnte.
Nachdem der richtige Sitz kontrolliert war, wurde der Bolzen mit UHU Endfest 300 eingeklebt.
Um eine originalgetreue Optik und Funktionalität herzustellen, wurde der beschädigte Bereich abschließend mit Glasfaser- und Feinspachtel neu modelliert und beigeschliffen.
Das Gehäuse war nun so weit vorbereitet, dass ich es zum Lackieren geben konnte.
Nun konnte es an die Frontplatte gehen. Da sich auch hier der Nikotinbelag nicht vollständig entfernen ließ, habe ich zunächst das von hinten aufgeklebte Gewebe und den Klebstoff vollständig entfernt. Nach dem Anschleifen und Grundieren folgte die Lackierung. Da sich die mechanische Beanspruchung hier in Grenzen hält, habe ich handelsüblichen 1K Lack aus der Sprühdose verwendet.
Als Ersatz für das aufgeklebte Gewebe habe ich einen Gardinenstoff mit gleicher Lochweite gewählt. Diesen kann man entweder mit Sprühkleber aufkleben, oder aber einfach nur auflegen und an einigen Stellen mit einem Klebestift aus dem Bürobedarf fixieren.
Da das Gewebe später zwischen Frontplatte und Gehäuse eingeklemmt ist und zusätzlich durch die vier Stifte der Frontplatte gehalten wird, kann es auch ohne feste Verklebung nicht verrutschen. (Danke an Uli aus dem Braun-Forum für diesen Tipp)
Zur Komplettierung der Frontplatte fehlte nun nur noch die neue Skala. Nachdem diese auf die Frontplatte geklebt war, konnte die Frontplatte auf dem frisch lackierten Gehäuse montiert werden.
Da bei der Demontage der Frontplatte zwei der vier Befestigungselemente aus Federstahl zerbrochen waren, musste entsprechender Ersatz gefunden werden.
Hierfür eignen sich "Klemmscheiben für 3mm Wellen ohne Nut" sehr gut. Man bekommt sie bei Conrad für den technischen Modellbau.
Wie schon erwähnt war an der Rückwand meines SK 2/2 eine Ecke ausgebrochen.
Ersatz ist hier schlechterdings nicht zu bekommen, sodass ich mich zur Nachfertigung entschlossen habe.
Dazu habe ich zunächst die Maße der vorhandene Rückwand abgenommen und mit diesen Daten in LibreCAD eine Zeichnung erstellt.
Anhand der Zeichnung wurde die Rückwand dann gefräst.
Bei der Materialauswahl habe ich auf weißes FR4 GFK in einer Stärke von 2mm zurückgegriffen.
Dies stellt in meinen Augen einen guten Kompromiss zwischen Originalität und den besseren Eigenschaften heute verfügbarer Materialien dar.
Auch bei der Original-Rückwand handelt es sich um ein Kunststoffteil. FR4 GFK hat im Gegensatz zu anderen Kunststoffen aber eine bessere Brandschutzklasse (V0) und ist auch mechanisch stabiler.
Außerdem weist es eine gute Isolationsfähigkeit und eine hohe Kriechstromfestigkeit auf.
Was noch fehlte war die Beschriftung der Rückwand.
Im Gegensatz zur Beschriftung neuerer Braun Geräte lässt sich hier mit einem Standard-Font kein befriedigendes Ergebnis erzielen. Einerseits scheint hier nicht die sonst meistens passende Akzidenz Grotesk verwendet worden zu sein und andererseits wirkt eine konventionell am Rechner erstellte Druckvorlage einfach zu glatt.
Glücklicherweise kam ich zu dieser Thematik mit tomjorg aus dem Baun-Forum ins Gespräch. Er erstellte die Beschriftung anhand des Originals mittels Bildbearbeitungssoftware und druckte sie auf Dekal Folie.
Nachdem die Dekals aufgebracht waren, wurden die Rückwand mit Klarlack versiegelt. Durch das Lackieren sind einerseits die Ränder der Dekal Folie nicht mehr sichtbar und andererseits passte der Weißton nun besser.
Zur Komplettierung der Rückwand fehlte nun nur noch der Aufkleber mit dem Bauteile-Lageplan, der auf der Innenseite der Rückwand angebracht ist.
Da es sich hier um rein geometrische Symbole handelt, ließ er sich gut mit LibreCAD nachzeichnen und ausdrucken.
Hier habe ich kein rein weißes, sondern ein schon länger gelagertes Papier gewählt, da ersteres zu kalt wirken würde.
Somit hatte auch die Innenseite der Rückwand ein authentisches Gesicht.
Da sich der beschriebene Aufwand für eine einzelne Rückwand kaum gelohnt hätte, habe ich gleich mehrere Rückwände anfertigen lassen.
Die überzähligen Rückwände gebe ich gerne gegen Erstattung der Herstellungskosten ab. Natürlich komplett mit Beschriftung und dem oben gezeigten Bauteil-Lageplan.
Da auch das Typenschild meines SK beschädigt war, musste natürlich auch dieses ersetzt werden.
Hier ergab sich das gleiche Problem bzgl. der Beschriftung, das ich schon im Zusammenhang mit der Rückwand beschrieben habe.
In so fern war ich dankbar, dass mir tomjorg abermals hilfreich zur Seite stand und die Vorlage für den Aufkleber erstellte und ihn auch gleich auf einen passenden Aufkleber druckte.
Damit war die Restaurierung des kleinen Röhrenempfängers abgeschlossen.